Matthias Geitel

 

Morzg

Aquarell auf Karton, 32x24 cm, 2018 - 2019, Hundertzwanzig Farbstudien in Gestalt des Morzger Waldes bei Salzburg

 

„Einen derartigen Wald gibt es in der Nähe von Salzburg: kein Stadtwald von heute, kein Wald der Wälder; doch wunderbar wirklich. Er heißt nach dem Dorf Morzg, das an seinem Ostrand liegt. Der Weg dahin beginnt in der paßähnlichen Mulde zwischen dem Mönchsberg und dem Festungsberg, genannt Schartentor, das eine Art Wegscheide bildet zwischen der inneren Stadt und der südlichen Flachebene, mit ihren bis an den Fuß des Untersbergmassivs sich erstreckenden Siedlungsausläufern.“

So beginnt Peter Handke die Beschreibung des Morzger Waldes in „Die Lehre der Sainte-Victoire“ (1980), worin er diesen exemplarischen Ausschnitt heimatlicher Natur in Beziehung setzt zur Sainte-Victoire östlich von Aix-en-Provence, dem Berg, den Cézanne häufig porträtierte.

Die Lektüre wurde für mich interessant, nachdem ich 2016 für eine Fotoserie (und die damit verbundene Wegezeichnung) eine Wanderung von Aix-en-Provence in Richtung Sainte-Victoire unternommen hatte. Handke beschreibt sein eigenes Gehen durch dieser Landschaft 35 Jahre zuvor; der Text handelt vom Sehen der Farben, von Farbenblindheit und Malerei. Hatte ich das provenzalische Gelände mir selbst erlaufen, so musste die Luftaufnahme von google vorerst genügen, um ein Bild des Morzger Waldes vor meinen Augen erstehen zu lassen. Seine eigentümliche Form fiel mir auf und ich sah sie sich füllen mit Farben aller Art.

MORZG ist eine Serie von über hundert Aquarellen, die die Form des Morzger Waldes farblich interpretieren. Wie die sprachlichen Farbsequenzen bei Handke erzeugen die Studienblätter Assoziationen, die nicht unbedingt an die Beschreibung eines Waldes gebunden sind. Es sind kleine Farbdinge, angesammelt über die Zeit, die sich in Reih und Glied stellen und auflisten lassen, aus deren Menge man sein Liebstes wählen kann - wie den Lieblingssong aus der Plattensammlung einer alten Jukebox.

 

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MORZG _ Beschwörung der Grenze eines kleinen Waldes, Ausstellung im Projektraum "Essen und Trinken im Museum", Berlin, 2019