Betrachtungen über das Gerinnen der Form
3 Zeichnungszyklen, Bleistift auf Papier, A4, 1996 - 2000
Zeichnungen nach Ansichtskarten
Olevano Romano / Italien
Oktober bis Dezember 1996
Während des Stipendienaufenthaltes in der Casa Baldi in Olevano kaufte ich Ansichtskarten, um sie als Zeichnungsvorlage zu verwenden, anstatt nach der Natur zu arbeiten, wie es die Romantiker knapp 2 Jahrhunderte vor mir an diesem Ort getan hatten.
"18) Die ersten Tage in Olevano gehörten der Erkundung des Ortes, seiner Einkaufsmöglichkeiten und der gegebenen Arbeitsbedingungen. Einen Fotokopierer entdeckte ich im Papiergeschäft von Maria Luisa Tabolacci in der Via Roma, wo ich ein Paket weißes Kopierpapier zum Zeichnen kaufte. Die Poststelle befand sich gleich in der Nähe; eine baufällige, eigentlich gesperrte Treppe führte am Gebäude des Municipio vorbei steil zu ihr empor. Ebenfalls in der Via Roma gab es einen winzigen Zeitungsladen, dessen Besitzer auch einige Ansichtskarten von Olevano anbot. Ich kaufte von allen vorhandenen Motiven je eine Karte, um sie als Bildquellen für eine geplante Serie von Zeichnungen zu verwenden. Die Idee für das Vorhaben war während meiner Beschäftigung mit der romantischen Tradition entstanden. Insbesondere die Tatsache, dass Friedrich Nerly, auf dessen Nachlass die Gründung des Erfurter Angermuseums zurückzuführen ist, sich oft in Olevano aufhielt, spielte dabei eine Rolle. Unter Vorlage der erworbenen Architektur- und Landschaftsbilder erarbeitete ich stark reduzierte lineare Erinnerungszeichnungen im Maßstab 1:1 und versah sie mit dem Datum ihrer Entstehung. War die Arbeit an einer Zeichnung abgeschlossen, schickte ich die entsprechende Ansichtskarte unbeschriftet an das Angermuseum. Dort nahm Frau Lucke, durch ihre Arbeit als Kunsthistorikerin mit dem Lebenswerk Nerlys aufs Engste vertraut, die Post für mich in Empfang. Sie selbst hatte die Gegend um Olevano einige Jahre zuvor besucht und den Ort begeistert in Erinnerung behalten. Überall, wohin ich im Laufe meiner dreimonatigen Reise kam, kaufte ich Ansichtskarten der entsprechenden Region. Nach diesen Motiven entstanden rund einhundert Zeichnungen, ebenso viele Ansichtskarten aus Italien trafen in Erfurt ein."
aus: Geitel, Matthias: Eine Wanderung durch die Campagna, Eigenverlag, 1997
Zeichnungen nach Fotografien
New York City / USA
September bis Dezember 1997
Als Teilnehmer am International Studio Program (ISP) in New York City erkundete ich in den ersten Wochen zu Fuß die Stadt und fotografierte in den verschiedenen Vierteln Straßenkreuzungen, d.h. einzelne Passanten, die mir entgegenkommend die Straße überquerten. Ausgewählte Fotos dienten später als Zeichnungsvorlage für Bleistiftnotate im Stile der italienischen Serie.
Zeichnungen nach der Erinnerung
Athen / Griechenland
April bis Juni 2000
Meinen zweimonatigen Arbeitsaufenthalt in Athen nutzte ich unter anderem dazu, eine dritte Serie der Bleistftnotate nach Vorlage zu erarbeiten. In diesem Fall jedoch verzichtete ich auf konkrete gesammelte oder selbst erstellte Vorlagen, sondern zeichnete direkte Gedächtnisnotate. Die bisherige äußere Form der A6-Rahmenmarkierung und der Datumsangabe wurde beibehalten.