Matthias Geitel

 

Cerplec - Annäherung an eine Form

 

Ausstellung im Lindenau-Museum Altenburg, 2011


Kern der Ausstellung war eine Serie von Aquarellen, die eine neolithische Keramikform zum Anlass und Ausgangspunkt haben, die ich als Druckplatte in Dreilinden gefunden hatte. Die malerische Annäherung an die Kontur des Gefäßes erzeugt ein „Scherbenbild“, das seinerseits ein Fragment zu sein scheint.
Für die Altenburger Ausstellung erweiterte ich die Möglichkeiten der Annäherung an die gewählte Form. Wie schon in früheren Arbeiten spielten hierbei Recherche, textliche Beschreibung und bildliche Darstellung eine Rolle. So wurden nicht nur die Aquarelle präsentiert, sondern die Informationserschließung als solche zum Thema der Ausstellung gemacht. Für den Besucher der Ausstellung entstand ein Denkraum, der in erster Linie die visuelle Annäherung anbietet, sich aber in Texten, Dokumenten und Fundstücken spiegelt. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Entstehung einer Publikation und der in Auftrag gegebene originalgetreue Nachbau des neolithischen Gefäßes.

Auszug aus der Publikation “Cerplec”, Seite 8:

Recherche, Beschreibung, bildliche Darstellung, Film - die Annäherung an eine Form kann auf sehr unterschiedliche Weise geschehen. Die Cerplec-Aquarelle sind eine unmittelbare malerische Annäherung; sie sind der fortgesetzte Versuch, durch scherbenartigen Flächenaufbau die Erscheinung eines Gefäßes immer wieder neu zu (re)konstruieren. Inzwischen gibt es eine große Varietät dieser Arbeiten. Anfänglich wusste ich kaum etwas über den Gegenstand, den ich zum Ausgangspunkt meiner Malerei gemacht hatte; Epoche und Herkunft der Keramik, deren Abbild in Gestalt einer achtzig Jahre alten Druckplatte in meinen Händen lag, waren mir unbekannt, da ich bis zu diesem Zeitpunkt das Klischee keiner Publikation hatte zuordnen können.
Erst sehr spät ging ich mit der Originaldruckplatte ins Deutsche Archäologische Institut, um dort das Reallexikon der Vorgeschichte von Max Ebert nach der entsprechenden Abbildung zu durchsuchen. Zu meiner Freude entdeckte ich im neunten Band auf Tafel 79 den Abdruck “meiner” Druckplatte. Die dazugehörige Bildunterschrift lautete:
Nordischer Kreis A. Steinzeit
Dänische Megalithgräberkeramik der Dolmenzeit:
a. Wohnplatz auf Hesselø
Ich war erstaunt, mit Dänemark hatte ich nicht gerechnet. Da im begleitenden Lexikontext unter anderem auf den Archäologen Sophus Müller verwiesen wurde, zog ich seine “Nordische Altertumskunde” von 1897/98 zurate. Müller erwähnt den Fundort Hesselø nur in einer einzigen kurzen Passage, welche jedoch ausgesprochen bildhaft ausfällt und meine Phantasie anregte.
“Der Hesselö-Fund unterscheidet sich nicht wesentlich von den zwei eben besprochenen Funden. Die Feuersteinsachen liegen stellenweise in Schichten, die bis zu 18 Zoll stark und bisweilen 80 Fuss lang sind, doch sind sie hier mit Rasen bedeckt. Vermutlich ist es dieser Bedeckung zu danken, dass auch Scherben von Thongefässen und zahlreiche, zum Teil versengte Knochen von Seehunden erhalten sind. Da man zugleich Feuerstellen angetroffen hat, ist es klar, dass die Fundhaufen auf alten Wohnplätzen liegen. Bis jetzt sind gegen 30 Feuerstellen aufgedeckt worden; gewöhnlich liegen in der Mitte grosse Rollsteine ganz frei, und um sie herum ist der Boden bis zu einer Ausdehnung von 6 Ellen im Geviert gepflastert; die Erde war hier stark mit kleinen Steinen und Kohlen vermengt und enthielt massenhaft Topfscherben.” (Band 1, Seite 200)