Matthias Geitel

 

Dreilinden



"Dreilinden. Naturnah und geradezu poetisch klingt dieser Name. Hinter ihm verbirgt sich eine Insel im stadtnahen Raum, eine kleine Siedlung am Rand von Berlin, die südlich des Düppeler Forsts zwischen Wannsee und Stahnsdorf liegt. Wenn auch keine Linden, so gibt es doch alten Waldbestand und einen breiten Streifen Brachland, der seit den neunziger Jahren renaturiert wird. Hier führte die erste preußische Eisenbahnlinie entlang, die Berlin-Potsdamer Eisenbahn, als Stammbahn eingeweiht im Jahre 1838. Ein Jahrhundert später wurde 1940 der Autobahnabschnitt zwischen AVUS und Berliner Ring eröffnet, der bei Dreilinden die schon bestehende Bahntrasse nutzte. Nach dem Krieg musste die Gleisanlage demontiert und als Reparationsleistung Richtung Osten abgeführt werden. Der Bau der Berliner Mauer brachte es mit sich, dass über dem Schotterbett der preußischen Stammbahn der Todesstreifen entstand, welcher Berlin 28 Jahre lang trennen sollte. Dreilinden wurde Sperrgebiet.
Als ich zu Ostern 1996 zufällig in das Gelände geriet, war von den eigentlichen Grenzanlagen nichts mehr zu sehen. Ich wanderte die öde sandige Schneise entlang und stieß auf Höhe des heutigen Europarcs auf ein sehr “unordentliches Druckplattenfeld”. Jemand hatte hier mehrere Kisten alter Zinkklischees ausgekippt und Spaziergänger wie mich provoziert, im Laufe von Monaten die einzelnen Verpackungen aufzureißen und deren Inhalt in der Gegend zu verstreuen. Nach einigem Zaudern entschloss ich mich, den Gesamtbestand aufzunehmen und die “Ordnung im Wald” wieder herzustellen. Die enzyklopädische Natur des aufgefundenen Bildmaterials beflügelte und motivierte mich, entsprach diese Mischung doch genau meinen Interessen. Bereits die ersten Recherchen in der Berliner Staatsbibliothek zeigten, dass viele der mehr als tausend Druckplatten zur Illustrierung des 14 Bände umfassenden Reallexikons der Vorgeschichte gedient hatte, das von Max Ebert zwischen 1924-1932 mit dem Verlag de Gruyter in Berlin herausgegeben worden war."
Auszug aus der Publikation “Cerplec”, Seite 6: